Schlechte Luft beeinträchtigt das Wohlbefinden bei der Arbeit. Weniger Sauerstoff, schlechte Gerüche und möglicherweise sogar Schadstoffe wirken sich nicht nur auf den Komfort, sondern auch auf die Konzentration und möglicherweise sogar auf die Gesundheit aus. Deshalb ist gute Luft am Arbeitsplatz natürlich wünschenswert. Aber gibt es auch ein Recht auf gute Luft bei der Arbeit – und was genau ist dazu gesetzlich geregelt? In diesem Beitrag verrate ich als Rechtsanwältin für Arbeitsrecht Ihnen mehr darüber, welche Rechte Sie rund um die Belüftung am Arbeitsplatz haben.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Arbeitgeber ist verpflichtet, für gesundheitlich zuträgliche Atemluft zu sorgen.
- Anforderungen für das Lüften und Temperieren sind in den technischen Regeln für Arbeitsstätten festgeschrieben.
- Arbeitgeber müssen ihre Angestellten vor Gefahren durch Tabakrauch schützen.
Gesetzliche Grundlagen für Raumluft am Arbeitsplatz
Gesetze zum Arbeitsschutz haben ihren Fokus auf Aspekten der Gesundheit und Sicherheit, die Luftqualität wird deshalb insbesondere in Bezug auf ihre gesundheitlichen Auswirkungen thematisiert. Diese sind bei der großen Vielfalt möglicher Arbeitsplätze unterschiedlich gravierend. In Büros sind beispielsweise gesundheitsschädliche Stoffe in der Luft ein weitaus geringeres Problem als bei Arbeitsplätzen in Laboren, Werkstätten oder Fabriken. Das Arbeitsschutzgesetz schreibt vor, dass der Arbeitgeber die Arbeit so gestalten muss, dass das Leben und die psychische und physische Gesundheit der Arbeitnehmenden möglichst nicht gefährdet wird und dass, je nach unterschiedlichen Arbeitsbedingungen, nur eine möglichst geringe Gefährdung verbleibt. Hier stehen also ausdrücklich die Gesundheitsgefahren im Mittelpunkt.
Die Arbeitsstättenverordnung verpflichtet zudem Arbeitgeber, Arbeitsstätten so einzurichten und zu betreiben, dass die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten möglichst nicht gefährdet werden. Dies wird in Punkt 3.6 im Anhang zur ArbStättV näher ausgeführt, der sich mit Lüftung befasst: „(1) In Arbeitsräumen, Sanitär-, Pausen- und Bereitschaftsräumen, Kantinen, Erste-Hilfe-Räumen und Unterkünften muss unter Berücksichtigung des spezifischen Nutzungszwecks, der Arbeitsverfahren, der physischen Belastungen und der Anzahl der Beschäftigten sowie der sonstigen anwesenden Personen während der Nutzungsdauer ausreichend gesundheitlich zuträgliche Atemluft vorhanden sein.“ Mit einer Kohlendioxidkonzentration von mehr als 1000 ppm gilt diese Grenze üblicherweise als überschritten und es müssen entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, beispielsweise Lüften. Auch bei Schadstoffemissionen durch das Gebäude selbst oder durch Einrichtungsgegenstände ist regelmäßiges Lüften aus Gründen des Arbeitsschutzes erforderlich. Beim Lüften ist darüber hinaus Punkt 3.5 im Anhang zur ArbStättV zu beachten, der „unter Berücksichtigung der Arbeitsverfahren und der physischen Belastungen der Beschäftigten eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur“ vorschreibt. Dies bedeutet, dass auch gelüftet werden sollte, wenn es zu warm wird – allerdings auch nicht so lange, dass es zu kalt wird.
Richtiges Lüften und Temperieren
Es gibt also grundsätzlich ein Recht auf gute Luft am Arbeitsplatz, insofern damit gesundheitlich zuträgliche Atemluft gemeint ist und die Eigenarten der jeweiligen Tätigkeit berücksichtigt werden. Aber wie lüftet man richtig und welche Vorgaben gibt es dazu? Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin nennt in ihren technischen Regeln für Arbeitsstätten sowohl die Methode des freien Lüftens, beispielsweise über Fenster, als auch raumlufttechnische Anlagen, also beispielsweise Lüftungsanlagen. Beim freien Lüften gibt es außerdem weitere Unterscheidungen
- Einseitiges Lüften: Fenster nur auf einer Seite des Raums
- Querlüften: gegenüberliegende Fenster oder Wand- und Dachfenster
- Stoßlüften: kurze Lüftungsdauer mit weit geöffneten Fenstern
- Kontinuierliches Lüften: lange Lüftungsdauer, z. B. mit gekipptem Fenster
Je nach Raumgröße und Anzahl der Personen ist unterschiedlich viel Fensterfläche für den Mindestluftwechsel nötig. Die Personenzahl ist allerdings nur für die kontinuierliche Lüftung wichtig. Ein Beispiel zur Berechnung: Soll ein 20 m² großer Raum stoßgelüftet werden, ist hierfür gemäß der genannten technischen Regeln für Arbeitsstätten eine Fensterfläche von 2,1 m² erforderlich. Für die Lüftungszeiten wiederum ist der Temperaturunterschied zur Außenluft maßgeblich. Im Winter dürften drei Minuten ausreichen, für den Sommer werden zehn Minuten empfohlen. Beim kontinuierlichen Lüften sowie bei raumlufttechnischen Anlagen muss außerdem darauf geachtet werden, dass auch Zugluft nicht als gesundheitlich zuträglich gilt und vermieden werden muss.
Als gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur definieren die technischen Regeln für Arbeitsstätten eine Temperatur, bei der die Wärmebilanz, bestehend aus Wärmezufuhr, Wärmeabgabe und Wärmeerzeugung, des menschlichen Körpers ausgeglichen ist. Das bedeutet, dass je nach körperlicher Intensität der Tätigkeit unterschiedliche Temperaturen als gesundheitlich zuträglich gelten: In Büros mit sitzender Tätigkeit kann diese Temperatur etwas höher ausfallen als in Werkstätten und Fabriken, insbesondere, wenn dort bei der Arbeit umfangreiche Schutzkleidung getragen werden muss. Folgende Mindesttemperaturen werden während der Nutzungszeiten genannt:
- leichte Arbeiten im Sitzen: 20 °C
- leichte Arbeiten im Gehen oder Stehen: 19 °C
- schwere Arbeiten im Gehen oder Stehen: 12 °C
- in Pausenräumen: 21 °C
- in Waschräumen mit Dusche: 24 °C
Andererseits sollte die Lufttemperatur auch nicht höher als 26 °C liegen. Ab dieser Temperatur kann vor allem schwere körperliche Arbeit bereits gesundheitsgefährdend sein. Deshalb sollten Maßnahmen wie Sonnenschutz, Lüftung in den kühleren Morgenstunden, Lockerung von Bekleidungsregeln oder Nutzung von Möglichkeiten der Gleitzeit sowie technische Maßnahmen, wie Ventilatoren, eingesetzt werden. Sobald die Temperatur 30 °C überschreitet, sind solche Maßnahmen verpflichtend. Zu beachten ist aber insbesondere bei Klimaanlagen, dass der Unterschied zwischen Innen- und Außentemperatur nicht größer als 6 °C sein sollte. Arbeitsräume mit Temperaturen über 35 °C gelten ohne besondere Maßnahmen oder Schutzausrüstung als nicht nutzbar.
Schutz vor Tabakrauch
Im Sinne des Gesundheitsschutzes ist auch der Schutz vor Tabakrauch – beziehungsweise der Schutz vor „Gesundheitsgefahren durch Rauche und Dämpfe von Tabak- und Cannabisprodukten sowie elektronischen Zigaretten“ – am Arbeitsplatz gesetzlich geregelt. Dies bedeutet nicht automatisch, dass Arbeitnehmende Anspruch auf einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz haben. Dieses Recht kann, je nach Art der Tätigkeit, eingeschränkt werden, wenn es kein gesetzliches Rauchverbot gibt. Allerdings verpflichtet der Schutz vor Gefahren den Arbeitgeber, nicht rauchende Beschäftigte im Rahmen der Möglichkeiten, die die Natur des Betriebs und die Art der Beschäftigung vorgeben, wirksam zu schützen. Hierzu zählt, neben Rauchverboten, auch die ausreichende Belüftung von Bereichen, in denen geraucht werden darf.
Zu beachten ist, dass beispielsweise in der Gastronomie unterschiedliche rechtliche Regelungen für Gäste und Beschäftigte gelten: Die Nichtraucherschutzgesetze der Länder sind auf den Schutz nichtrauchender Gäste ausgerichtet, während auch das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung vom 30.07.2008 dargestellt hat, dass der Schutz für nichtrauchende Beschäftigte in § 5 Abs. 1 ArbStättV geregelt wird. Am 10.05.2016 hat das Bundesarbeitsgericht dazu geurteilt, dass der Arbeitgeber hier zwischen den im Grundgesetz gesicherten unternehmerischen Freiheiten und seiner Schutzpflicht abwägen muss. Wenn das Rauchen aus Gründen der „Natur des Betriebes“ nicht verboten werden kann, soll die Belastung durch Rauchen minimiert werden, sie lässt sich aber möglicherweise nicht ganz ausschließen.
Ihre Rechte bei schlechter Luft am Arbeitsplatz
Grundsätzlich orientiert sich das Arbeitsrecht beim Thema Luft eher am Gesundheitsschutz als am individuellen Wohlgefühl. Ist die Belüftung aber so schlecht, dass die Konzentration gestört ist, dann ist die Luftqualität in der Regel auch nicht mehr der Gesundheit zuträglich. Auch zu hohe Temperaturen oder starke Belästigung durch Tabakrauch können rechtlich relevant sein. Wenn Sie unter schlechter Luft am Arbeitsplatz leiden oder Ihr Arbeitsplatz regelmäßig zu warm oder zu kalt ist und Gespräche darüber mit Kollegen, Kolleginnen sowie Vorgesetzten keine Abhilfe schaffen konnten, berate ich Sie gerne umfassend zu Ihren arbeitsrechtlichen Möglichkeiten.