Schwerbehinderte Personen haben es im Leben und in der Berufswelt oft nicht einfach. Darum unterstützt die Gesetzgebung die gleichberechtigte Eingliederung in den Beruf. Dazu gibt es den besonderen Kündigungsschutz, der in den §§ 168-175 SGB IX geregelt ist. Trotzdem sind schwerbehinderte Menschen nicht gänzlich unkündbar, sodass eine Kündigung unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte oder Ausnahmen geltend werden kann. Catharina Menzel, Ihre Anwältin für Arbeitsrecht in München, erklärt Ihnen worauf es ankommt, falls Sie von einer Kündigung betroffen sind.
Inhaltsverzeichnis
- Das Wichtigste in Kürze
- Was ist der Kündigungsschutz und für wen gilt er?
- Was macht das Integrationsamt?
- Welche Ausnahmen gibt es?
- Fazit
Das Wichtigste in Kürze
- Der Sonderkündigungsschutz gilt für schwerbehinderte Menschen. Eine Schwerbehinderung liegt ab einem Behinderungsgrad von 50 vor. Ist dies der Fall, benötigen Arbeitgebende für die Kündigung die Zustimmung des Integrationsamts.
- Das Integrationsamt prüft, ob die Gründe der Kündigung mit der Behinderung im Zusammenhang stehen. Ist dies der Fall, wird die Zustimmung verweigert.
- Der Sonderkündigungsschutz gilt nicht, wenn ein befristetes Arbeitsverhältnis ausläuft, in der Probezeit sowie bei einer einvernehmlichen Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags.
Was ist der Kündigungsschutz und für wen gilt er?
Der Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen ist im § 168 SGB IX geregelt. Demnach verlangt das Gesetz bei einer Kündigung die vorherige Zustimmung des Integrationsamtes. Das bedeutet zwar nicht, dass schwerbehinderte Menschen überhaupt nicht gekündigt werden können, doch das Verfahren muss von Arbeitgebenden (unabhängig von der Betriebsgröße) zuerst eingeleitet und die Kündigung dem Integrationsamt mit Begründung vorgelegt werden. Dieses prüft dann den Fall.
Der Kündigungsschutz gilt für alle schwerbehinderten Personen, dabei ist es egal, welche Position diese im Betrieb einnehmen. Eine Schwerbehinderung liegt ab einem Behinderungsgrad von 50 vor (vgl. § 2 Abs. 2 SGB IX). Damit der Sonderkündigungsschutz greift, muss die Schwerbehinderung offenkundig oder zum Kündigungszeitpunkt amtlich festgestellt worden sein. Fällt eine Person in den Behinderungsgrad von 30, ist aber einer schwerbehinderten Person gleichgestellt, greift der Kündigungsschutz auch hier. Diese Gleichstellung erfolgt durch einen Antrag.
Was macht das Integrationsamt?
Sobald Arbeitgebende eine Kündigung beabsichtigen, muss sie dem Integrationsamt vorgelegt werden. Anschließend prüft das Amt die Gründe für die Kündigung unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der schwerbehinderten Arbeitnehmenden. Das bedeutet, dass der Grund für die Kündigung und die Kündigung an sich nicht mit der Behinderung zusammenhängen darf.
Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat oder eine Schwerbehindertenvertretung, holt sich das Integrationsamt dort eine Stellungnahme ein. Außerdem muss das Integrationsamt die Stellungnahme von schwerbehinderten Arbeitnehmenden in die Entscheidung einbeziehen. In der Regel und per Gesetz sollte diese innerhalb eines Monats getroffen werden (vgl. § 171 Abs. 1 SGB IX).
Kommt das Integrationsamt bei der Überprüfung zu dem Entschluss, dass die Kündigung mit der Schwerbehinderung zusammenhängt, wird es die Kündigung ablehnen. Sind Arbeitnehmende aber aufgrund ihres Verhaltens aufgefallen, beispielsweise durch ein häufiges unentschuldigtes Fehlen oder Fahrlässigkeit, kann eine Kündigung begründet sein. In diesem Fall erhält das Unternehmen den Zuspruch.
Welche Ausnahmen gibt es?
Selbstverständlich bedarf es keiner Zustimmung des Integrationsamtes, sollten schwerbehinderte Arbeitnehmende mit den Arbeitgebenden einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag abschließen. In dem Fall wollen beide das Arbeitsverhältnis beenden, sodass die Zustimmung irrelevant ist. Auch wenn die Frist eines befristeten Arbeitsverhältnisses abläuft, ist der Vertrag damit erfüllt und keine Zustimmung durch das Integrationsamt notwendig. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine Kündigung seitens der schwerbehinderten Arbeitnehmenden ist ebenfalls immer möglich.
Ist im Arbeitsvertrag eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart, ist die Kündigung in diesem Zeitrahmen zustimmungsfrei. Auch wenn Arbeitnehmende das 58. Lebensjahr vollendet haben, kann eine Zustimmung hinfällig werden, sofern diese einen Anspruch auf Leistungen wie beispielsweise eine Abfindung oder Entschädigung haben. Dies sollte vorher aber anwaltlich geprüft werden. Weitere Ausnahmeregelungen finden Sie im § 173 SGB IX.
Fazit
Wenn Sie eine Kündigung erhalten haben und Sie einen Behindertengrad von mindestens 50 aufweisen, sollten Sie die Kündigung durch einen Rechtsbeistand prüfen lassen. Sollte das Integrationsamt der Kündigung die Zustimmung erteilen, ist es möglich, einen Widerspruch einzulegen. Ist die erforderliche Zustimmung nicht erfolgt, kann vor dem Arbeitsgericht dagegen geklagt werden, um eine Unwirksamkeit der Kündigung zu erzielen. Ich berate Sie gerne beim weiteren Vorgehen.